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9. Januar 2011 - Jizerská 50 Bedřichov oder "Echsen im Schnee"

Dieses Mal möchte ich (Torschti) über ein Event ganz besonderer Art berichten. Es ist keines der konventionellen Laufevents, wo sich der gemeine Läufer mit Laufschuhen, Hemdchen, Shorts und ein bisschen Salbe für die Reibepunkte (ihr wisst was ich meine) bewaffnet. Nein, diesmal kommt schwere Technik ins Spiel, aber dazu gleich mehr.

Am 7. Jänner 2011 nachmittags, machten sich Wiese (bekannter Trailrunner vom Wörthersee-Trail und inzwischen T-Rex-Team Mitglied), Johanna (Wieses Tochter) und ich (Torschti) auf zum Jizerská padesátka. Der Jizerská padesátka ist ein Skilanglaufevent, unter anderem über 50 km im klassischen Langlaufstil. Er führt durch die wunderschöne Winterlandschaft des Isergebirges, oberhalb von Liberec in Tschechien. Die lange Strecke ist ein Rundkurs in Form einer riesigen Acht. Start ist im Langlaufstadion von Bedrichov, wo auch wieder Zieleinlauf ist. In diesem Jahr sind es etwa 5.000 Teilnehmer. Natürlich kommen auch richtige Profis, da der Lauf zu den vierzehn Läufen der Wordloppet gehört.

Freitagabend haben wir nun unsere Startunterlagen im Nisa in Liberec in Empfang genommen. Danach sind wir in unser Basislager in die Pension Maruschka nach Hrabetice gefahren. Die Wetterlage führte zu Falten auf so mancher Stirn. Es regnete schon den ganzen Tag. Die Temperaturen (+2 °C) erinnerten eher an Frühlingsanfang als an Skisport. Als wir im Quartier ankamen, war dazu noch alles vereist (Höhenlage = Eisregen), so das ich beim Einparken dazu neigte ein anderes Auto mit unserem Mannschaftsbus zu titschen. Aber durch den beherzten Einsatz von Wiese und ein bisschen Sand (den hat jeder Busfahrer im Bus) ging es noch mal gut.
Nach kurzer Begrüßung bei Jana und Joseph (Wirtsleute) haben wir unser Penthaus bezogen. Abends kamen noch unsere anderen Mitläufer. Und das waren: Fechi (Dirk Fechner - nicht nur ein anerkannter Kletterexperte), Carmen (Freundin von Fechi), Maria (Fechis Tochter - ist gegen Vegetation aber für Tiere) und Johannes (Fechis Sohn, der Philodent). Ja, wir waren schon ein gut - lustig - gemischter Haufen. Nach lecker Essen und dem einen oder anderen Schnäppi (später gab es sogar Eierlikör) ging es dann frühzeitig ins Bett. Wer jetzt denkt, nun gehen se alle mit schwerem Kopf zum Rennen, weit gefehlt! Das Rennen ist erst am Sonntag.
 

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Traditionspflege ist angesagt! Nach einem leckeren Frühstück wird traditionell die Wettkampfstätte aufgesucht und so wurde ich als Neuling von Wiese eingewiesen. Eine Stunde Wanderung bei frühlingshaften +3°C mit leichtem Nieselregen und schon waren wir an Ort und Stelle. Der Trubel in Bedrichov ist in etwa mit dem beim Rennsteiglauf zu vergleichen, nur halt auf Schnee. Viele Verkaufsstände mit Wintersportequipment, Kleidung und ganz wichtig, die Ski-Wachs-Profis. Die Kollegen sind ein Thema für sich. Hier kann man seine Wachsski (Betonung liegt auf Wachs- nicht Schuppe) für nen Hunni präparieren lassen. Und jeder Wachshersteller hat seine eigene Rezeptur, bezogen auf das verwendete Material und auf die Art und Weise der Anwendung. Alles natürlich auf die Wetterbedingungen abgestimmt. Allerdings gibt es keine 100%-ige Sicherheit, dass es auch funktioniert. Wenn de Pech hast, kommst du schon den ersten Berg nicht rauf und dann kannst du eigentlich die Ski abschnallen. Nun gut... Bewaffnet mit den Insidertipps der Wachsprofis und natürlich auch mit den entsprechenden Ski-Veredlungs-Materialien, ging es bei gleichmäßig stärker werdendem Regen zurück in Richtung Quartier. Unterwegs machten wir noch einen kleinen Halt, um unsere durstigen Kehlen mit einer kühlen Hopfenkaltschale geschmeidig zu halten.

Im Quartier angekommen ging die Tradition weiter. Im Heizungskeller wurden nun die Werkzeugkisten mit diversen Materialien zur Skiveredlung aufgebahrt. Wachssorten von denen ich gar nicht wusste das es solche gibt (bisher war mir nur Bienenwachs und Kerzenwachs geläufig), Bügeleisen zum Wachsauftragen, Heißluftgeräte und, und, und … Ich war erstaunt! Für dazwischen noch Hopfenkaltschale… und los ging’s. Jeder hat seine Ski präpariert, der Eine mehr, der Andere gar nicht. Ich war der Andere, denn ich hatte (habe noch) Schuppenski. Der gemeine Schuppenski braucht die Wachsbehandlung nicht, da als Steighilfe die eben genannte Schuppe dient. Nach der Wachsorgie war wieder Verpflegung angesagt, verdünnt mit viel Hopfen. Diesmal ging es auch relativ früh zu Bett, da wir am nächsten Morgen früh raus mussten.
 

 

Die etwas unruhige Nacht lag hinter uns. Der erste Blick aus dem Fenster, Gott sein Dank kein Regen! Die am Vorabend zurechtgelegte Kleidung übergezogen und ab zum Frühstück. Mancher hat noch mal alles leer gemacht (der Läufer weis was ich meine), bevor wir mit den Ski über der Schulter zum Start getrabt sind. Nur Carmen konnte noch weiterschlafen, sie hatte die Supporter-Rolle  übernommen und wollte alle im Ziel empfangen.

Nach einer Stunde waren wir da. Es war irre viel los. Wir sind gleich zum Umkleidezelt (auch wie in Eisenach) und haben unsere Sachen gewechselt und verstaut. Die Kleidersäcke wurden zentral gesammelt und konnten nach dem Lauf mit der Startnummer wieder abgeholt werden.

Um 9.00 Uhr sind die Profis gestartet, dass wurde live auf einer riesigen Leinwand übertragen. Unsere Aufregung stieg an. Es waren insgesamt 8 Startwellen. Die „Alt“-Läufer wie Wiese, Fechi und Johannes starteten vor mir in Welle 6 und 7. Ich, als Greenhorn, kam in die letzte Startwelle (8). Alle Startwellen sind Zeitversetzt um 5 Minuten gestartet. Die Mädels, Johanna und Maria sind erst um 10.15 Uhr los, da sie am 25 km-Lauf teilnahmen.

Das Startsignal ertönte! Also Ski anschnallen und loslaufen! An der ersten Steigung gab es ein übelstes Gedränge. Man muss sich einen  Trichter vorstellen. Von gefühlten 15 Fahrspuren wird auf 4 bis 5 reduziert. Aber kein Problem! Der Trainer hat gesagt Ruhe bewahren. Es hat sich auch alles nach und nach aufgelöst. Die ersten 11 Km gingen auch schnurstracks bergauf. Für meine Schuppenski kein Problem. Das Gedränge wiederholte sich noch mehrmals hauptsächlich auf Grund der Teilnehmerzahl. Es lief alles optimal. Die Verpflegungspunkte (alle 10km) waren super organisiert. Es gab Tee, Iso, Waffeln, Obst und sogar Suppe. Da der gemeine Langläufer Handschuhe trägt und die Stockbänder fest angeklettet sind, ist es schlecht mit Essen greifen. Die netten Mädels an den Verpflegungspunkten haben einem einfach die Häppchen in den Mund gesteckt. Auch ne Lösung…!
 

 

Das Wetter hielt durch, bei relativ klarer Sicht, mit etwas Sonne durchsetzt. Die Strecke litt allerdings bei den Temperaturen. Unterwegs kamen mir immer wieder Läufer mit abgeschnallten Ski entgegen. Da haben sich einige verwachst! Es gab aber auch Materialbrüche. So manche Steigung, wie die bei Km 30 hinter Smědava, hatte es in sich. Aber die Kombination aus Schuppenski und Läuferkeulen machte sich ganz gut. So konnte ich den einen oder anderen Kollegen abkochen. Doch als es wieder abwärts ging konnte ich es kaum glauben. Im Vergleich zu den gerade überholten Kollegen stand ich. Ich musste doppelt so oft mit den Stöcken abstoßen wie die anderen, um einigermaßen mitzuhalten. Keine Ahnung was passiert war. Es wurde immer schlimmer. Die Hoffnung, doch einen von unserer Truppe zu erhaschen, konnte ich nun ganz begraben. Nach 5:03 Std. kam ich im Ziel an und wurde von unserer Truppe jubelnd empfangen. Die waren alle schon umgezogen… ;-). Beim nächsten Mal drehen wir den Spieß um, da lasse ich mich von den Anderen jagen.

Nun gab‘s erstmal für alle nen Glühwein (svařené vino) und ein Zielfoto. Auf dem Rückmarsch haben wir dann aber doch noch eine Taverne besucht um eine Hopfenkaltschale zu genießen.

Im Quartier angekommen, wurden unsere geschundenen Körper erstmal in der Sauna wieder fit gemacht. Den Tag haben wir mit einem leckeren Knoblauchhühnchen und diversen Hopfenkaltschalen inklusive Kompott ausklingen lassen.

P.S.: Zuhause angekommen stellte sich heraus, dass meine Schuppenski voller Klister (Steighilfe für Wachski, silikonähnlich) waren. Durch die Unmengen an Klister, die von den 5.000 Wachsski-Kollegen verwendet wurden, hat sich das Zeug auf der Strecke verteilt. Da meine Schuppenski nur mit Flüssigwachs präpariert waren, haben sie das Zeug angenommen. Ich hätte die Ski ohne Probleme einfach an die Kellerdecke kleben können…
 

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